Liebe Leserinnen und Leser,

sind Vereine aus der Mode gekommen? Sportvereine, Schützenvereine, Gesangsvereine oder Gesundheitsvereine klagen über rückläufige Mitgliederzahlen und sinkende Bereitschaft bei den Mitgliedern, Vorstandsaufgaben zu übernehmen.

Ähnlich rückläufig ist die Situation bei den großen Kirchen oder den großen Volksparteien. Auch die Beteiligung bei den Wahlen wird immer geringer. Das ist keine gute Entwicklung. Kaum ein Verband findet „ein gutes Rezept“ gegen diesen Schwund und die „Ist mir doch egal-Mentalität“.

Viele Mitglieder kommen oder bleiben oft nur, wenn der Verein „rechnerisch“ einen Vorteil bietet. Die Unterstützung einer guten Vereins-„Idee“ oder einer gemeinschaftlichen Aufgabe alleine nur durch eine Mitgliedschaft wird immer seltener.

Hinzu kommt in den Vereinen auch das Problem, dass oftmals die freiwilligen und ehrenamtlichen Vorstände keine Mitstreiter finden, um die Ämter in jüngere Hände legen zu können.

Die Bereitschaft, für eine gute Sache oder Idee verbindlich und ehrenamtlich eine Aufgabe „für Andere“ zu übernehmen, wird scheinbar immer geringer.

Unsere Welt verändert sich. Statt bei einer Veranstaltung oder einem Vortrag sich gegenseitig ins Gesicht zu sehen, schaut man heute lieber in den Fernseher, Computer oder auf’s Handy. Und alle Informationen, die wir brauchen, suchen wir bei Google & Co.

Da entsteht dann das leise und lautlose Vereinssterben. Auf Englisch würde ich übersetzen: „Silent club dying“. Wenn man diese Symptome medizinisch beschreiben sollte, könnte man auch von „silent inflammation“ oder „stiller Entzündung“ sprechen. Wenn die Entzündung nicht zur Heilung kommt, kommt es zum Zelluntergang. Wir müssen also nach Mitteln und Wegen suchen, um aus diesem stillen Untergang herauszukommen.

In dem Wort Verein steckt der Begriff „vereinen“, also etwas zusammenbringen. Ein Verein ist eine freiwillige und auf Dauer angelegte Vereinigung zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks, unabhängig vom Wechsel seiner Mitglieder.

Ein wichtiger Aspekt eines Vereins ist die gegenseitige Hilfe oder die Verfolgung gleicher oder ähnlicher Interessen, meist zum Vorteil aller Mitglieder.

Ein Verein bietet die großartige Chance, vom Wissen vieler zu profitieren, seinen Horizont erheblich zu erweitern und gute und schlechte Erfahrungen anderer für das eigene Handeln und Tun zu berücksichtigen.

Ein Verein hat auch eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht die Gesellschaft und die Geselligkeit. Ein Verein ist dafür bestens geeignet.

Nirgends auf der Welt gibt es so viele Vereine wie in Deutschland. Das Vereinsrecht ist ein wichtiges errungenes Recht, das es so in vielen Ländern dieser Welt nicht gibt. Ein Verein ist Ausdruck von Freiheit. Es gibt kaum ein Land auf der Welt, in der die Freiheit eines jeden größer ist als in Deutschland.

Zur Freiheit gesellt sich auch die Hilfsbereitschaft, und die ist in Deutschland noch erfreulich groß. Wir alle brauchen Hilfe und Unterstützung. Dabei kann ein Verein helfen. Wir alle können helfen. So wie sich Eltern um ihre Kinder kümmern, so sollten sich später auch Kinder um ihre Eltern kümmern.

Auch im Verein kann man Hilfe bekommen, aber auch helfen, sei es durch eine Mitgliedschaft zur Unterstützung des guten Vereinszwecks, oder durch ehrenamtliches Engagement bei verschiedenen Aktivitäten oder auch im Vereinsvorstand.

Ein Verein braucht das Miteinander, die Mitstreiter eines Vereins brauchen viel Geduld und Toleranz.

Der Psychologe Hans-Werner Bierhoff stellt fest: „So wie es gesellige und weniger gesellige Menschen gibt, gibt es auch hilfsbereite und weniger hilfsbereite Menschen.“ Hilfsbereitschaft ist sicherlich ein wesentlicher Teil der Persönlichkeit.

„Besonders hilfsbereite Menschen orientieren ihr Handeln an Gerechtigkeit und Moral. Sie sind mitfühlend, empathisch, ehrlich und herzlich. Sie können sich selbst kontrollieren, vertrauen ihren Fähigkeiten und glauben, dass sie ihr Schicksal beeinflussen können.“ Die wichtigste Voraussetzung für konkrete Hilfe ist: Sie fühlen sich für andere verantwortlich.

Es ist inzwischen wissenschaftlich bekannt: Wer sich sozial engagiert, fördert auch das eigene Wohlbefinden – und profitiert bis ins hohe Alter davon.

Menschen sind auf Mitgefühl angelegt. Wir haben die angeborene Fähigkeit, die Gefühle anderer zu erkennen – spontan und automatisch. Viele Hilfeleistungen sind spontan und intuitiv.

Wenn viele Menschen beisammen sind, wägen wir ab, ob wir helfen wollen, oder das lieber anderen überlassen wollen. Jeder meint, es käme nicht auf ihn an. Doch das stimmt nicht. Jeder von uns trägt dazu bei, ob die Gemeinschaft, in der wir leben, kooperativ und hilfsbereit oder von Eigennutz geprägt ist.

Trauen wir uns also ruhig etwas mehr Verantwortung zu. Ihr Verein braucht Ihre Unterstützung!

Ich wünsche Ihnen allen ein gutes gesundes Jahr 2018.

Herzlichst,
Ihr Dierk Schildt

Quelle: Editorial „Weg zur Gesundheit, Heft 1/2018″